logo_web@2-1
Image Alt

Curvect

  /  Reportagen   /  Wohlbefinden   /  #bodypositivity…aber…
#bodypositivity_Titel

#bodypositivity…aber…

#bodypositivity geistert durch das Internet und die Medien. Ist doch gut oder nicht? Wenn da nicht das große Aber wäre. Denn was als guter Gedanke startet bleibt all zu oft nur ein Lippenbekenntnis. So geht bei vielen #bodypositivity einfach nicht weit genug.

#bodypositivity_Free

Positiv

Dabei wäre die Definition recht einfach: Körper Positivität ist Akzeptanz und Wertschätzung aller menschlichen Körpertypen. Es ist eine soziale Bewegung, die in der Überzeugung verankert ist, dass alle Menschen ein positives Körperbild haben und ihren eigenen Körper sowie die Körper anderer akzeptieren sollen. Die Quelle ist hier Wikipedia.

Allerdings würde ich die Definition doch erweitern. Da es sich für mich nicht nur um eine soziale, sondern auch eine politische Bewegung handelt. Denn jeden Körper, den eigenen so wie andere, einfach so zu akzeptieren wie er ist, hat auch gesellschaftspolitische Folgen. So etwa in Debatten über Gesundheitspolitik.

Doch was in der Theorie recht einfach klingt, ist es in der Realität (natürlich) nicht. Da kommt zum einen der Aspekt zu tragen, dass seinen Körper akzeptieren nicht automatisch heißt ihn jeden Tag für super perfekt und unglaublich zu halten (dazu habe ich schon einmal einen Artikel verfasst). Andererseits stoßen viele gerade im Plus Size Bereich schnell an ihre Grenzen, was die Akzeptanz aller Körper betrifft.

#bodypositivity_Ganzkörper

Tess Holliday & das Cosmopolitan Cover

So habe ich das im Rahmen des Cosmopolitan Covers mit Tess Holliday erlebt. Hier lasse ich die Diskussion, ob das Cover jetzt besonders stylish oder neu oder kreativ ist einmal vollkommen außer Acht. Nicht das Thema. Was für mich viel mehr das Thema ist, sind die Reaktionen auf das Cover mit einer Frau die dick ist. Nicht kurvig, nicht üppig, DICK.

Dick in einer Form, dass der BMI des Models immer wieder zur Diskussion steht. Üppig und kurvig werden in diesem Zusammenhang nicht mehr liebevoll verwendet. Denn Tess hat nicht einfach, wie beschreiben es manche vermeintlich nett gemeint, „ein bisschen zu viel“, das Plus Size Model ist einfach dick. Das sagt sie selbst und steht dazu.

Dabei entbrennt rund um Tess Holliday und Models ihrer Kleidergröße und ihrs Gewichts immer wieder die Diskussion der Vorbildwirkung. So auch gerade wieder. Weiß sie denn nicht, dass sie ein Vorbild ist, das ist doch ungesund, also ich finde dick ja ok, aber Tess ist dann doch gefährlich übergewichtig, das muss ihr doch klar sein. Diese Liste könnte ich jetzt endlos weiterführen.

#bodypositivity_Treppe

#bodypositivity

An dieser Stelle darf ich noch einmal die Definition von Bodypositivity einblenden. „Körper Positivität ist Akzeptanz und Wertschätzung aller menschlichen Körpertypen.“ Jede Person, die sich das auf die Fahnen heftet und laut und öffentlich kund tut, dass sie bodypositiv ist, sollte das bedenken.

Denn was ich persönlich in den letzten Wochen rund um Tess‘ Cover zu hören bekommen habe, gerade auch aus der Plus Size Community hat mich erstaunt, verärgert und unendlich traurig gemacht. Was nämlich viele nicht bedenken: Körperakzeptanz hört nicht bei einer Kleidergröße 50 auf, auch nicht bei einer 56, nein Akzeptanz geht viel weiter.

Bodypositivity macht den Wert eines Menschen nicht an seinem Aussehen fest, das ist ein für mich ganz zentraler Punkt. Wenn ich hier kurz Marshmallow Mädchen zitieren darf (big shoutout!):

„Der Kernpunkt von Body Positivity ist zu verstehen, dass das physische Aussehen und der Wert, den ein Mensch hat, zwei vollkommen unterschiedliche Dinge sind. In unserer auf ein bestimmtes Schönheitsideal fixierten Gesellschaft vergessen wir dies oft, wird uns doch auch zu oft suggeriert: Nur wer schön ist – im gesellschaftlich akzeptierten Sinne -, ist auch wertvoll..“

#bodypositivity_Lächeln

Gut gemeint und falsch verstanden

Jetzt folgt an dieser Stelle oft ein: „Heißt das jetzt, dass ungesund gut sein soll, sollen wir jetzt falsches Verhalten fördern?“ Nein, darum geht es hier gar nicht. Einerseits, weil es bei der Akzeptanz des eigenen Körpers nicht um ein lapidares „is eh schon alles egal, passt schon irgendwie, hässlich und grausig fühl ich mich und kann mich nicht leiden, aber was soll’s“ geht.

„Body Positivity bedeutet nicht, sich gehen zu lassen. Diesen Vorwurf hören body-positive Menschen oft. Indem wir zufrieden sind mit dem, was wir haben, wird uns unterstellt, wir würden uns nicht mehr anstrengen, unser Fettsein hinnehmen und ohne schlechtes Gewissen nur noch auf dem Sofa liegen und Fast Food in uns hineinstopfen. Body Positivity, die Akzeptanz des eigenen Körpers, ist nicht dasselbe wie Aufgeben, sondern das Gegenteil.“ Marshmallow Mädchen

Andererseits heißt Akzeptanz auch, dass das gar nicht das Thema ist. Gesund oder nicht. Es geht darum alle, ich betone ALLE, Körper und Menschen zu akzeptieren. Diese sind nicht weniger wertvoll, wenn sie nicht gesund sind. Noch einmal, das heißt nicht ungesund feiern, oder gesund feiern. Das heißt alle zu akzeptieren. Das sind tatsächlich zwei Paar Schuhe.

#bodypositivity_Profil

Weil Plus Size nicht automatisch bodypositiv ist

Dabei ist die Sache mit der Akzeptanz  nicht so klar und selbstverständlich. Bodypositivity beschränkt sich nicht auf den Plus Size Bereich, allerdings möchte ich genau in diesem Bereich bleiben, denn es ist der in dem ich mich jeden Tag bewege.

Was mir immer bewusster wird ist, dass Plus Size nicht auch gleich bodypositiv ist. Soll heißen, „nur“ weil jemand dick ist, heißt das nicht automatisch, dass er / sie auch alle anderen dicken Körper akzeptiert. Hier werden oft Grenzen gezogen bei dem, was als ästhetisch empfunden wird und was als bedenklich.

Auch ich ertappe mich manchmal dabei mir genau das zu überlegen: „Ist das gesund, ist das ok?“ Dann muss ich mich erinnern, dass das nicht die Frage ist. Wenn ich über Akzeptanz spreche, dann muss ich diese Grenzen aufbrechen und darf nicht in diesen Kategorien denken. Das ist nicht immer einfach, aber notwendig.

#bodypositivity_ShirtundRock

Plus Size hat Grenzen

Mode ist für mich das Recht meine Individualität auszudrücken. Als dicke Frau mit Farben, Mustern, Schnitten und Stoffen zu spielen. Ganz verrückt oder zurückhaltend  zu sein. Je nach Lust und Laune. Dabei sollten wir nicht ständig „bitte macht Mode für uns“ rufen müssen. Viele von uns kämpfen dafür, dass Plus Size Mode eine Selbstverständlichkeit wird.

Hier beinhaltet das Wort Recht für mich einen durchaus politischen Anspruch und es zeigt mir gleichzeitig die Grenzen des Begriffs Plus Size auf. Denn der Begriff, der aus dem Modebereich kommt, zieht meiner Meinung nach auch genau hier eine Grenze. Was ist Plus Size eigentlich? Bis wohin geht Plus Size? Ist Plus Size auch die Frage nach dem Recht auf eine faire Gesundheitspolitik? Die Diskrimierung von dicken Menschen in der Arbeitswelt. Ist Plus Size hier eine Antwort?

Kann Plus Size diesen politischen Ansprüchen genügen? Kann der Begriff das Leben von dicken, kurvigen, üppigen, runden, fetten Frauen und Männern zur Gänze erklären?

Die vielen Fragen

Eine Worthülle wird von uns, von der Gesellschaft, mit Bedeutung gefüllt. Ein Thema, dem ich mich 2019 ein ganzes Jahr lang widmen werde. Mehr dazu aber erst am Anfang des nächsten Jahres ;).

Was von all dem was ich hier geschrieben habe bleibt ist, dass sich wohl jede/r von uns die Fragen stellen sollte, wie er / sie mit dem Begriff #bodypositivity umgeht. Ob sich und er Plus Size Community zu bewegen auch ausreicht um diesem großen Begriff auch gerecht zu werden. Es bedeutet für mich auch, dass wir Sehgewohnheiten ändern müssen. Auch daran arbeiten so viele wunderbare Menschen.

Mehr dicke Menschen auf Laufstegen, in den Medien. Aber auch im öffentlichen Raum, bei Veranstaltungen, Festen, Diskussionen, Bällen. Ich freue mich, Teil einer solchen Community zu sein und möchte hinzufügen, dass alles hier gesagte meine persönliche Meinung ist. Ich bin offen für einen fairen und respektvollen Diskurs, für andere Meinungen und für neuen Input. Nur so ist Entwicklung möglich, nur so entsteht Veränderung.

Danke und alles Liebe, Bobby

 

Alle hier gezeigten Bilder sind im Zusammenhang mit der #allshapesandsizes Kampagne von Navabi entstanden.

Rock: Dearcurves

T-Shirt: Manon Baptist via Navabi

Sandalen: Vagabond  via Salamander  (nicht mehr erhältlich, aktuelle Kollektion)

Ich liebe Mode – schon immer, bin kurvig seit ich mich erinnern kann und kann heute mit Fug und Recht behaupten, dass ich mich mag. Die Plus Size Welt ist bunt und vielfältig. Das möchte ich zeigen und habe deshalb nach Jahren in der PR-Branche beschlossen, jetzt nur noch PR für Curvect zu machen.

Kommentare

  • Cordula
    27. September 2018

    Hallo,

    ein interessant geschriebener Beitrag, zu dem ich jedoch sagen muss, dass ich den Begriff Bodypositivity nicht einfach mit vollständiger Akzeptanz gleichsetzen würde. Denn ab einem gewissen Grad, egal ob im Bereich des Übergewichts oder Untergewichts, wird es gesundheitlich schlichtweg bedenklich. Wo es heißt ein wenig Übergewicht habe durchaus gesundheitliche Vorteile, ist es ab einer gewissen Überschreitung ein Risikofaktor für die Entstehung vieler Krankheiten.
    Gesellschaftlich betrachtet sind schon über die Hälfte der deutschen Bevölkerung übergewichtig. Und ob man dazu sagen soll: Super, weiter so! betrachte ich mit Skepsis.
    Denn Bodypositivity bedeutet für mich auch auf die Gesundheit meines Köpers zu achten. Und hierbei muss man einfach realistisch sein. Massives Untergewicht, genauso wie massives Übergewicht wie das in diesem Artikel besschrieben von Tess Holiday ist einfach nicht gesund.

    Nun kann man meine Meinung gerne unter dem Gesichtspunkt des Bodyshamings deklarieren. Doch ich kenne persönlich genug Beispiele die meine Meinung untermauern.
    Wenn man als Pflegekraft zu viert die Wunde einer Person mit über 170 Kilo versorgen muss (da zwei Personen die Bauchdecke anheben müssen), und diese Person währenddessen weint, da sie sich ihres Gewichts schämt, dann ist das kein Spaß. Auch wenn ein Freund knapp 180 Kilo wiegt und Schlafapnoe hat, ein Atemgerät zur Nacht benötigt, um den Atemaussetzern bei Nacht entgegen zu wirken. Zusätzlich noch Knieprobleme mit 36 Jahren und Diabetes. Oder auch mir nahestehende Menschen, die seit Jahren Diät machen und abnehmen wollen, da sie sich unwohl fühlen und eben gesundheitliche Probleme durch ihr Übergewicht haben. Oder wenn ich daran denke, dass es heißt, dass die Zukunft in der Pflege so aussehen soll, dass wir Patienten mit 150 KIlo Plus werden versorgen müssen (als Pflegefachkraft im Altersheim muss man bettlägrige Patienten aufgrund des Fachkräftemangels oftmals alleine versorgen, Das heißt alleine am Bett drehen, Einlagen wechseln etc. Das geht für uns oftmals jetzt schon auf den Rücken.)

    Was ich damit sagen will ist: Ich halte eine Einstellung wie, egal wie viel Übergewicht jemand hat, man solle das einfach akzeptieren und positiv finden von mehreren Seiten her für äußerst kritisch und bedenklich.

    Lg

      • Cordula
        30. September 2018

        Hallo Bobby,

        danke für deine Antwort und dass du deine Sichtweise noch einmal genauer erläuterst. Denn in manchen Passagen hatte es den Anschein, dass du meinst alle Körpergrößen sollen bedingungslos akzeptiert werden.
        Ich stimme dir zu, dass man nicht beleidigend werden sollte. So etwas ist einfach nur niveaulos und wir alle haben unsere Makel.

        Du hast zum Beispiel Folgendes geschrieben:
        “ Auch ich ertappe mich manchmal dabei mir genau das zu überlegen: “Ist das gesund, ist das ok?” Dann muss ich mich erinnern, dass das nicht die Frage ist. Wenn ich über Akzeptanz spreche, dann muss ich diese Grenzen aufbrechen und darf nicht in diesen Kategorien denken. Das ist nicht immer einfach, aber notwendig. “

        Du sagst hierbei, dass es im Hinblick auf bodypositivity und der damit einhergehenden Akzeptanz des Äußeren anderer sozusagen falsch sei sich die Frage zu stellen ob etwas gesund sei oder nicht.
        Für mich jedoch gehört das zentral zu bodypositivity hinzu. Denn ich bin nicht positiv meinem Körper gegenüber, wenn ich eben diese Frage ob etwas für mich gesund ist oder nicht auslasse.
        Selbstliebe heißt für mich nicht einfach nur mich und meinen Körper so zu akzeptieren, sondern auch streng mit mir selbst zu sein. Und es ist auch nicht positiv, wenn Außenstehende diesen Faktor außer Acht oder nicht für notwendig halten.
        Wenn man hinterfragt ob etwas gesund ist oder nicht, dann bedeutet das nicht gleichwertig, dass man den Menschen (sich selbst oder sein Gegenüber) nicht schön fände oder mit seinen Makeln toll fände. Es ist vielmehr ein Ausdruck von Besorgnis, ich würde auch sagen Liebe.

        Es ist sicher schwer für viele Übergewichtige sich selbst anzunehmen. Und ich finde es gut was du machst, dass du versuchst diese Fesseln zu lockern. Doch in gewissen Punkten sehe ich das krtisch. So zum Beispiel bei Tess Holiday.
        Ich hatte selbst früher aufgrund von Magersucht mit einem Gewicht von knapp über 40 Kilo zu kämpfen. Auch mit damit einhergehenden gesundheitlichen Problemen. Nur ist das wohl das andere Extrem im Vergleich zu Übergewicht. Doch die Frage danach ob etwas gesund ist, ist sehr wichtig. Und eben notwendig, wenn es um bodypsitivity geht. So sehe ich das zumindest.

        Tess Holiday ist eine hübsche Frau, doch ihr Gewicht wird ihr ganz sicher irgendwann massive Probleme bereiten. Sei es Diabetes, ihre Gelenke, ihr Herz, ihre Arterien.
        Und ich finde es fragwürdig ob es dann positiv ist, wenn sie sich in Unterwäsche mit Cupcakes in der Hand ablichten lässt?
        Zumindest haben alle, die ich kenne, die über 150 Kilo wiegen (also die Gewichtsklasse von Tess) mit Anfang 30 schon massive gesundheitliche Probleme. Eben solche, wie ich sie schon schilderte.

        Es ist nicht böse gemeint, doch so verkürzt man selbst auf Dauer einfach sein Leben. Und dieser Trend ist jedoch zunehmend. Wie gesagt, die Hälfte aller Deutschen ist übergewichtig. Ein Drittel davon massiv übergewichtig. Wir gleichen uns vom Trend her an die Briten und Amerikaner an. Und das betrachte ich gesundheitlich als alles andere als bodypositiv. Es ist eher etwas, das mich sehr nachdenklich werden lässt.

        Lg

  • Katie
    29. September 2018

    Das ist ein Thema, das mich normalerweise nicht sonderlich interessiert… weil es für mich persönlich kein (tagtägliches) Problem darstellt oder sich in mein Aufmerksamkeitsspektrum drängt. Deshalb umso interessanter zu lesen – Danke dafür! 🙂

Dein Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.